In den unendlichen Weiten des Weltraums, da, wo selbst die »Enterprise« auf ihrer Suche nach fernen Galaxien nicht mehr hinkommt, wohnen sie - die finsteren oder freundlichen Mächte, die nach undurchschaubaren Regeln Glück und Unglück im Tischtennissport verteilen. Und irgendjemand dort muss sich gesagt haben, dass das Maß an Unglück für die 1. Herrenmannschaft der DSJ Stoppenberg voll war und dass es an der Zeit war, den Glückseimer auszuschütten...
Dass die Entscheidung im Kreispokalfinale gegen die 2. Mannschaft der DJK TuS Holsterhausen eine enge Angelegenheit werden würde, war vorauszusehen: Unsere Gäste waren ja in ihren Aufstiegshoffnungen nicht so brutal enttäuscht worden wie wir - mit 3 Niederlagen und 6 Minuspunkten waren sie aufgestiegen, während unsere Mannschaft mit ebenfalls 6 Minuspunkten und sogar nur 2 Niederlagen... - aber was soll ich die alten Wunden wieder aufreißen?
Also jedenfalls war klar, dass wir auf einen absolut gleichwertigen Gegner treffen würden, der dazu - im Gegensatz zu uns - mit seiner stärksten Mannschaft antreten konnte, während es bei uns Pechvogel Andreas schon wieder erwischt hatte, diesmal an der Patellasehne. Dafür hat er sich aber an diesem denkwürdigen Abend neben der Platte verdient gemacht und für moralischen wie flüssigen Beistand gesorgt.
Das Spiel begann vor einer stattlichen Zuschauerkulisse - dazu zählten nicht ganz freiwillig auch die Sportkameraden, die eigentlich zum Trainieren gekommen waren, das aber auf Anweisung einer »höheren« Instanz nicht durften - mit etwas Verspätung und in unkonventioneller Doppel-Reihenfolge: Spieler Maggaß von Holsterhausen musste nämlich feststellen, dass er seinen Schläger vergessen hatte. Da man ohne dieses Instrument nicht sehr gut Tischtennis spielen kann, wollten wir ihm nicht verwehren, es noch schnell zu holen.
So traten zeitgleich mit Uli und Jost im 3. Doppel gleich unsere beiden »Ergänzungsspieler« (Ersatzspieler gibt es ja nicht mehr...) Rainer und Daniel an - und nach einem Nerven zerfetzenden Auf und Ab (13:11, 8:11, 11:7, 8:11) konnten sie den 5. Satz mit 11:7 für sich entscheiden - ein nicht unbedingt einkalkulierter Punktgewinn. Nebenan hatten Uli und Jost nach einem kleinen Wackler im 2. Satz (8:11) den Sack mit etwas Mühe zugemacht.
Oli und Kai sahen gegen das Spitzendoppel unserer Gäste, Yücekaya und Maggaß (inzwischen mit Schläger ausgestattet) schon wie die sicheren Sieger aus, aber mit 8:11 und 10:12 gingen die nächsten beiden Sätze verloren und so musste auch hier der 5. entscheiden. Souverän setzten unsere Jungs sich mit 11:9 durch... - und auf der Anzeigetafel, von Udo in ihren laufenden Veränderungen permanent fotografisch festgehalten, erschien ein nicht ganz erwartetes 3:0.
Alle drei Doppel gewonnen - das versprach einiges!
Aber dann begann der Vorsprung zu schmelzen. Uli hatte nach dem hart umkämpften Doppel und einem sehr unglücklichen 12:14 im ersten Satz seine mentalen Reserven erst einmal verbraucht, gab den 2. Satz ziemlich widerstandslos ab (-4), riss sich im 3. noch einmal zusammen, konnte aber die 9:11-Niederlage letztlich doch nicht verhindern.
Josts Spiel war noch aufregender: Nach zwei engen Sätzen stand es 1:1, im dritten holte er sich ein Klatsche ab, für die er sich im 4. postwendend wieder rehabilitierte, aber dann war die Kraft zu Ende: Mit 11:5 gewann Yücekaya, der sich im Einzel sehr viel stärker präsentierte als im Doppel, den Entscheidungssatz, und der schöne Vorsprung war geschmolzen.
Aber nun trumpfte der starke Mittelblock auf: Oliver fegte Pütz von der Platte (-4,-8, -7), Kai zog mit einem weiteren 3:0 nach (-6, -9, -9) und Udo konnte seine Fotoserie »Erlebnisse einer Anzeigetafel« um das Bild »5:2« bereichern. Jetzt sollte Rainer vor seiner angekündigten Spielpause noch einmal eine Duftmarke setzen - aber die war dann doch nicht so eindrucksvoll: Auch wenn die immer lautstark mitgehenden Zuschauer zumindest in den ersten beiden Sätzen nichts von dem Motivationsloch merkten, in das Rainer nach eigener Aussage angeblich gefallen war, so ließen Satz 3 und 4 (4:11 und 6:11) doch ahnen, dass er seine psychische Tagesform vielleicht doch nicht so ganz falsch eingeschätzt hatte.
Aber dafür war Daniel hoch motiviert. Mit der Unbekümmertheit seiner 18 Jahre machte er im 1. Satz kurzen Prozess (-3), setzte sich dann aber selbst wohl etwas zu sehr unter Druck und musste ein wenig zittern, ehe er schließlich die beiden anderen Sätze jeweils zu 9 für sich entscheiden konnte.
Und schon machte Udo sich wieder zur Anzeigetafel auf: Da stand jetzt 6:3, und das sah sehr gut aus...
Aber nun drohte Gefahr: Die beiden Spitzeneinzel waren ja im ersten Durchgang in die Turnhose gegangen und die Chancen, dass sich das wiederholen würde, standen leider nicht schlecht. Die Befürchtungen erwiesen sich als begründet - die Tischtennismächte in den Tiefen des Raumes hatten offenbar vor, allen Beteiligten an diesem Abend enorme Nervenstrapazen zuzumuten. Jost sah nach hart umkämpftem 1. Satz (10:12) alle Felle davonschwimmen (nun ja, zum Tischtennis Spielen taugen Felle ohnehin nicht so sehr) - St. Martins legendärer Mantel der Nächstenliebe sollte möglichst schnell über den 2. und 3. Satz gebreitet werden, denn auch Josts ebenso legendäre meditative Zwischensatz-Gänge durch die Halle konnten die derbe Abfuhr nicht verhindern.
Ja, und Uli? Er wehrte sich verbissen gegen den immer stärker werdenden Yücekaya, holte den 2. und den 4. Satz, hielt den 5. lange ausgeglichen und haute dann bei 8:9 zweimal hintereinander den Ball an der gleichen Stelle so an die Netzkante, dass er nicht in das gegnerische Feld heruntertropfte, sondern ins Aus ging. Ball im Aus, Spiel aus, noch nicht alles aus - aber 2:3 und Gesamtstand nur noch 6:5.
Wenn ich es richtig beobachtet habe, hat Udo diesmal nicht fotografiert...
Noch einmal musste jetzt also der Mittelblock die Kastanien aus dem Feuer holen. Oliver legte es im 3. Satz auf Spannungssteigerung an, hatte Satzbälle gegen und Matchbälle für sich und fand schließlich, dass bei 14 Schluss sein sollte: -9, - 7, -12 bedeutete die neuerliche Führung mit 2 Punkten, und Kai hatte es in der Hand, gegen Pütz den 8. Punkt und damit auf jeden Fall das Unentschieden zu sichern. Die beiden kosteten alle Leiden und Freuden eines Spiels aus: Mit 8:11 und 14:16 musste Kai sich in den ersten beiden Sätzen geschlagen geben und die Tischtenniswolken über dem geschreberten Stoppenberg wurden immer dunkler - aber Kai entdeckte nun sein Kämpferherz, wurde ruhiger, hielt den Ball länger im Spiel und nach zwei weiteren ungeheuer engen Sätzen (-9, -11) stand es auf einmal 2:2. War es Kais neue mentale Stärke oder eine Konditionsschwäche seines Gegners? Jedenfalls ging der letzte Satz mit 11:6 relativ sicher an Kai und damit war das Unentschieden in trockenen Tüchern.
Jetzt noch ein Sieg durch unsere Ergänzungsspieler oder wenigstens im Schlussdoppel - das musste doch zu machen sein! Musste - war aber nicht... Rainer und Daniel nutzte auch heftigste Gegenwehr nichts (für Rainers 3. Satz gilt wieder der Hinweis auf St. Martin) - beide unterlagen mit 1:3 und so musste nun doch tatsächlich das Schlussdoppel entscheiden. Bei einem Sieg war natürlich alles klar, aber bei einer Niederlage? Nach umfangreichen Berechnungen durch Kreisobmann Günter Schandinat stand fest: Einen Satz brauchten wir noch, einen einzigen Satz, um nicht wieder ins Tal der Tränen gestoßen zu werden.
Jost und Uli machten es sehr spannend: 8:11 und 7:11 gingen die ersten beiden Sätze verloren, die Diskussion um die Angemessenheit bestimmter Äußerungen, die Jost mit einem Holsterhauser Begleiter führte, gab dem Ganzen noch einen zusätzlichen Reiz - ja, und dann geschah es doch: Gegen 22:30 Uhr, nach einem hoch dramatischen Auf und Ab und emotionaler Höchstbelastung gewannen Uli und Jost den 3. Satz mit 11:7 und damit war das Match bei einem Spielstand von 8:8 (der bedeutungslose 4. Satz des Schlussdoppels wurde noch verloren, die Spannung war ja raus) mit 32:31 Sätzen für DSJ Stoppenberg entschieden und der Ärger über den so knapp verpassten Aufstieg wenigstens ein bisschen kompensiert.
Warum das hässliche Brett, für das man auch noch selbst die Siegerplakette kaufen muss, Pokal heißt, soll mal dahingestellt bleiben - auf jeden Fall ist es jetzt bei uns und damit genau da, wo es hingehört...
Und diesmal hat sogar die Presse mit eigenem Spielbericht und einem großen Foto endlich einmal angemessen von uns Notiz genommen (und den Vereinsnamen beinahe korrekt zitiert...)
Noch eine Anmerkung für Peter: Bis zur neuen Saison kannst du wieder ungestört deiner Arbeit nachgehen und musst dir nicht mehr frei nehmen, um lange Tischtennisberichte zu lesen...